"Es ist sonderbar, wie sich Germanen und Slaven untereinander hassen, geringschätzen, mißkennen." : Mythen, Stereotype, Vorurteile und Reflexionen in der russischen Reiseliteratur über Westeuropa und in der westeuropäischen Reiseliteratur über Russland des 19. Jahrhunderts
Das 19. Jahrhundert war durch schwierige Beziehungen zwischen Russland und Westeuropa gekennzeichnet. Untersuchungsgegenstand der vorliegenden Arbeit waren nicht die politischen, sondern die menschlichen Beziehungen vom Nichtverstehen über das Geringschätzen bis zum Hass. Sie wurden anhand ihrer Widerspiegelung in der Reiseliteratur dargestellt und analysiert, wobei vorwiegend die Textsorten Reisebericht, Reisebeschreibung, Tagebuch, Memoiren oder Brief verwendet wurden. Bei der Auswahl der Texte wurden weniger bekannte und nur selten in der Fachliteratur analysierte Texte berücksichtigt. Es wurde festgestellt, dass russische und europäische Reisende nicht aus den gleichen Gesellschaftsschichten kamen und dass sich die Texte in zwei Gruppen einteilen lassen, denen ihrerseits bestimmte Textsorten zugeordnet werden können. Allen Texten ist gemeinsam, dass sie aus unterschiedlichen Gründen nicht ohne Stereotype und Vorurteile auskamen. Das Bedienen und Bestätigen von Stereotypen und Vorurteilen gehörte zum Kolorit der Reisebeschreibungen aus dem Russland des 19. Jahrhunderts und bildete die Parallele zur der sich aufgrund der politischen Ereignisse stetig ausbreitenden Russophobie in Westeuropa. Nicht anders verhielt es sich mit den Berichten aus Westeuropa, in denen vorwiegend ein slawophiler, auch panslawistischer Grundton herrschte, aus dem das russische Sendungsbewusstsein sprach. Auch wenn die Texte vor fast zweihundert Jahren geschrieben worden sind, enthalten sie viele interessante Informationen und Betrachtungen über Russland und Westeuropa, die heute immer noch oder wieder aktuell sind. Was die Stereotype und Vorurteile betrifft, so sind diese so alt und langlebig wie die Menschheit, und es werden trotz oder gerade wegen der neuen kommunikativen Möglichkeiten eher mehr als weniger, so dass sich die Spirale des "Mißkennens, Geringschätzens und Hasses" nicht nur zwischen Germanen und Slawen immer weiterdreht. ; The nineteenth century was characterized by the difficult and complex relationship between Russia and Western Europe. The present master thesis analyses not the political links, but the relationships between people of this period, ranging from not-understanding each other to disdain and hate as illustrated in historical travel literature. In particular, it explores travel guides, travelogues, travel accounts, diaries, memoirs, and letters, focusing on lesser known texts and such which have been rarely considered for research purposes.The results show that, on the one hand, a typology can be created to which these texts can be ascribed, and, on the other, that Russian and European travellers did not come from the same social class. All types of texts share their use of stereotypes and prejudice as these were part and parcel of the very nature of nineteenth-century travel literature from Russia as well as from continuously spreading Russophobia in Western Europe. These tendencies were closely connected to the political events of the time. Similarly, the travel reports from Western Europe showed a primarily Slavophile, even Panslavic tenor which reflected the Russian sense of mission. Even if the texts were written almost two centuries ago, they reveal a series of interesting information and observations on Russia and Western Europe, which continue to be topical until today. As for the stereotypes and prejudices, they are as old and long-lasting as mankind, and despite of – or perhaps due to – new forms of communication they rather increase than decrease, so that the spiral of "non-understanding, disdain and hate" continues to operate, and not only between German and Slavs. ; vorgelegt von Ursula Elisabeth Prunč, BA ; Abweichender Titel laut Übersetzung des Verfassers/der Verfasserin ; Zusammenfassungen in Deutsch und Englisch ; Masterarbeit Karl-Franzens-Universität Graz 2018 21237